G e s c h i c h t e    G l a s h ü t t e










G l a s h ü t t e   B r i e s e n ( Mark )  
                                                  
Ursprünglich sollte die Glashütte in Jacobsdorf auf einem Pfarracker 1888 gebaut werden.
Vermutlich war es Herrmann Jeske, der die Glasfabrik schließlich nach Briesen holte. Wichtig waren Gleisanschlüsse der Bahn, günstiges Bauland und auch die Nähe zum Kanal.
 
Die Glashütte „M. Schreiber & Co“ wurde im Mai 1889 in Betrieb genommen und stellte vorerst ausschließlich Beleuchtungsartikel her. Das Musterlager befand sich bei L. Oettinger in Berlin. Schreiber war zu der Zeit der bekannteste Glasfabrikant im gesamten Gebiet. Die Glasarbeiter erhielten ebenfalls Aktien, ohne daß sie dafür eine Rendite bekamen. Zeitweise arbeiteten über 250 Glasmacher in Briesen. Die meisten Glasarbeiter wurden aus dem katholischen Böhmen und aus Süddeutschland angeworben. Dafür mußte eigens jede Woche ein katholischer Pfarrer nach Briesen kommen, um die über 40 Kinder zu unterrichten.
 
Bereits 1894 wurde die freiwillige Betriebsfeuerwehr der Hüttenwerke erwähnt. Sie war älter als die 1908 gegründete Feuerwehr in Briesen.
Im April 1894 eröffnete Otto Titel die Briesener Bierbrauerei im Hüttenviertel. Er stellte Weiß- und Braunbier her und benutzte seine eigenen Prägeflaschen. Sein Privatgebäude „OT“ steht noch heute. Die Zeitungsanzeige der Eröffnung ist erhalten. Sein Wohnhaus baute er 1906 mit einer roten Backsteinfassade. Die Brauerei befand sich im Kellergewölbe im Haus dahinter.
Das Gasthaus „zur Glashütte“ führte 1894 Heinrich Schulz. Auch dieses Gebäude ist bis heute als Wohnhaus erhalten.
 
1895 erlebte die Glashütte ihren ersten Konkurs. Der Gasthof „Zur Glashütte“ und die Brauerei von Otto Titel bangten nun um ihre Kundschaft. Nach zweijähriger Schließung wurde die Hütte im Mai 1897 an „J. Schreiber & Neffen“ gerichtlich verkauft und wiedereröffnet. Betriebsleiter wurde der Mitinhaber Göpfert und Direktor der Glashütte Richter.
 
1909 wird die Firma in eine Aktiengesellschaft „Glasindustrie Schreiber AG“ umgebildet mit
1 Millionen Mark Kapital, mit Fürstenberg an der Oder und dem Musterlager Berlin gemeinsam.
Zwischendurch gab es jedoch immer wieder Konkurse und Produktionsumstellungen. 1911 kam es zum Verkauf an die Firma „Welz“ aus Mähren/Österreich, 1913 wieder eine Schließung und während des 1. Weltkrieges schloß die Hütte für längere Zeit. Nach 1918 wurde die Produktion auf Tafelglas (Glasscheiben) umgestellt und bis zur endgültigen Schließung im Jahre 1926 wurde das Werk zur „Tafelglashütte GmbH“. Die bisherige Glasschleiferei baute man zum Wohnblock um. Dieser Wohnblock bekam einzelnen Laubenaufgängen für die Mieter und wurde von den Glasmachern „D-Zug“ genannt. Der Name wird bis heute benutzt.
 
1922 erlebte die Glashütte ihren letzten Aufschwung und mit einer zweiten Hütte vergrößerte man das Werk in Briesen. Es entstanden im Umfeld zahlreiche Betriebssportgruppen, eine starke Gewerkschaft und 1910 eine SPD-Ortsgruppe (Vorsitz: Paelicke). Der Schmelzgehilfe Smolka und der Glasmacher Wahlich (seit 1919 in Briesen) gründeten 1923 die KPD–Ortsgruppe. Sie waren die Hauptkräfte im linken Arbeitermilieu und dem Hüttenviertel.
 
Doch die Nachfrage und Konkurrenzfähigkeit der Briesener Glashütte verursachten ernste Schwierigkeiten. Die Nachwirkungen des ersten Weltkrieges machten sich überall bemerkbar. Durch die Wirtschaftskrise und der rasanten Inflation kam es überall im Lande zu Schließungen von Firmen und Geschäften. Im Mai 1926 wurde auch die Glashütte endgültig geschlossen.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden wichtige Industrieanlagen dokumentiert. Dadurch entstanden um 1934 historische Luftaufnahmen der Glashütte in Briesen. Die Fotos sind bis heute erhalten und befinden sich im Archiv der Ortschronik Briesen. Die stillgelegte Glashütte wurde von den Bewohnern praktisch genutzt, meist als Viehställe und Werkstätten.
 
Am 17.04. 1937 begann der Abriß der beiden Hütten und große Teile des Werkes. Nur die Wohngebäude blieben erhalten. Die ehemaligen Direktorenhäuser wurden ebenfalls abgerissen.
Auf dem Geländer der ehemaligen Glashütte befindet sich seit 2002 der neue Kindergarten.
 
Ortschronik Briesen (Mark) 2012