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Eisenbahngeschichte für Briesen (Mark) Eisenbahn Berlin – Frankfurt
Eine amtliche Bekanntmachung der Eisenbahn-Direktion teilte am 28.09.1840 mit, noch im selben Jahr das zur Eisenbahnanlage erforderte Terrain käuflich zu erwerben. Die Landbesitzer derjenigen Grundstücke, über welche die Bahn geplant ist, wurden aufgefordert die Land-Bestellung auf 3 Ruten zu jeder Seite der Linie zu unterlassen. Die
betreffenden Eigentümer mußten
sich danach richten und ihre Entschädigungs-Ansprüche zu
seiner Zeit
einreichen. Damit begann der Streckenbau auch in Briesen, der in nur 16
Monaten
fertiggestellt wurde. Der Ort Briesen war bis zu dieser Zeit ziemlich
klein und
zählte nur 59 Häuser und 88 Familien. Im April 1841 wurde
über den Mühlenfließ
die Briesener Eisenbahnbrücke errichtet, später dann 1842 die
vielen
Bahnwärterhäuschen. Es wurden dafür große Gebäude mit Eisenbahnerwohnungen und mit Bahnhofsgaststätten errichtet. Am 21.08.1842 gab die Direktion der Berlin-Frankfurter-Eisenbahn-Gesellschaft eine Anzeige in den Zeitungen auf, um die Restaurationen (Gaststätten) in den Bahnhofsgebäuden von Berlin, Köpenick, Erkner, Fürstenwalde, Briesen und Frankfurt zu verpachten. Gleich ab dem Tage der bevorstehenden Eröffnung der Bahn sollten die Gaststätten oder Kioske betrieben werden. Das Bahnhofsgebäude hatte eine eigene An- und Ausgabestelle für Gepäck und Transportgüter, einen Warteraum und eine Telegraphenstelle. Die große Treppenhalle führte zum Bahnhofsvorplatz, wo die Kutschen und Droschken sowie die Kofferträger auf die Reisenden warteten. Der Bahnsteig war eigenes und abgesperrtes Terrain und konnte nur mit einer gültigen Bahnsteigskarte betreten werden, die ein Wärter kontrollierte. Neben dem Bahnhof war der Bahnübergang mit Schrankenwärter, die per Hand die Schranken hoch und runter drehten. Für die ersten Jahre waren es nur wenige Züge am Tag, später jedoch im 30-Minuten-Takt. Für alle Straßen und Wege, die über die Bahnstrecke führten, wurden Schrankenwärter angestellt, auch weit außerhalb von Ortschaften. Zwischen
Fürstenwalde und Frankfurt
erhielt nur Briesen einen Bahnhof, mit einer 14-Meter Drehscheibe
(wurde erst
1968 demontiert und verschrottet), einem Lokschuppen für die
Schiebebahn und
einer Wasserstation. Am 22.10. 1842 wurde die neue Eisenbahnstrecke eingeweiht. In einer 3-stündigen Zugfahrt gelangte man nun von Berlin nach Frankfurt. Bis dahin gab es nur zum Teil schlechte Landstraßen. Die Namensgebung der Strecke war schwierig. Schließlich einigte man sich auf „Königliche Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn“ und erst um 1880 wurde der Frankfurter Bahnhof in die Bezeichnung „Schlesischer Bahnhof“ umgewandelt.
Für Briesen gab es 1842 folgende Abfahrtszeiten und Fahrpreise: Tägliche Dampfwagenzüge a. Personenzüge (halten nur an Bahnhöfen): Abfahrt von Briesen – Berlin 8.01 Uhr und 19.14 Uhr (2 Std. 3 Minuten) b. Güterzüge (halten auf allen Stationen): Abfahrt
von Briesen – Frankfurt 13.04 Uhr Fahrpreise in Silbergroschen Briesen – Berlin: Klasse I 52,5 Klasse II 32,5 Stehplatz 20,0 Briesen – Fürstenwalde: Klasse I 12,5 Klasse II 7,5 Stehplatz 5,0 Briesen – Frankfurt: Klasse I 17,5 Klasse II 12,5 Stehplatz 5,0
Hinzu kamen Sonderzüge des Militärs und später der Salonzug des Kaisers. Sie konnten nur in Franfurt drehen und wenden, um danach die Rückfahrt nach Berlin anzutreten. Die
Berlin-Frankfurter Eisenbahn
beschaffte in den Jahren 1842 bis 1844 fünfzehn mit Holz
beheizbare Lokomotiven
von der Lokbauanstalt William Norris in Philadelphia (USA) zum
Stückpreis von
12 000 Talern. Mit
der »Vereinigung« der Berlin – Frankfurter mit der
Niederschlesisch –
Märkischen Eisenbahn übernahm letztere 1845 den gesamten
Lokomotivpark. Über
die Leistungsfähigkeit der Amerikanischen Loks war man nun
geteilter Meinung. Wie leistungsfähig die Eisenbahn war, erwies sich beim Einsatz von Sonderzügen. Am 19.09.1882 erreichten z.B. die Truppen eines großen Manövers den Bahnhof Briesen. „Ein Eisenbahnzug mit über 50 Waggons nahm Mann und Roß mit Gepäck auf, um das wertvolle Gut nach Berlin zu bringen. Es folgte ein zweiter Trupp und schon stand ein neuer Zug bereit. So ging es Stunde um Stunde, bis der fünfte und letzte Zug abfuhr.“ Über
7000 Mann und 300 Pferde wurden
innerhalb von 5 Stunden in die Waggons verladen, ohne das irgend ein
Unfall
passierte, obwohl die Straße, die unmittelbar am Bahnhof
über die Gleise
führte, an diesem Tag von vielen Wagen und Menschen aus dem
Publikum benutzt
wurde. Die Bahnverwaltung hatte für eine musterhafte Ordnung
gesorgt. Inzwischen
wuchs die Bevölkerung in
Briesen, denn durch den Bahnhof wurde der Ort für die Umgebung ein
wichtiger
Umschlagsplatz. 1880 zählte man in Briesen 822 Einwohner und in
Kersdorf 270
Einwohner. Bereits im März 1845 wurde in Briesen ein Güterschuppen mit einer Laderampe gebaut. Damit konnten auch größer Güter und sogar Pferde verladen werden. Bereits 10 Jahre nach der Streckeneröffnung mußten die Gleise jedoch saniert werden. Die Holzschwellen und das Kiesbett wurden erneuert. 1893
ist W. Brüning der Pächter der
Bahnhofsgasstätte. Er baute einen großen Bahnhofs-Biergarten
und gab regelmäßig
Gartenkonzerte. Das Bahnhofsrestaurant selbst war ziemlich klein,
wahrscheinlich im Obergeschoß des Bahnhofs untergebracht, und so
wollte er die
äußeren Freiflächen sinnvoll nutzen. Ein anderes
Gasthaus im Zentrum von
Briesen nannte sich „Zur Eisenbahn“ und war gleichzeitig
Vereinslokal des
Briesener Eisenbahnvereins. Bis
1893 gab es noch innerhalb
Deutschlands unterschiedliche Zeitzonen. War es z.B. in Briesen 12.00
Uhr, so
war es in Berlin erst 11.54 Uhr, in Bremen 11.35 Uhr und in Posen schon
12.08
Uhr. Das war für die Eisenbahn, die viele Zeitzonen durchfuhr,
sehr hinderlich
und es mußten die Uhren der Zugbegleiter ständig reguliert
werden. Um
die Jahrhundertwende wurden
weitere Wohnhäuser für die zahlreichen Eisenbahner
bebaut. 1938
begannen in Falkenhagen die
Planungen für eine unterirdische Produktionsstätte zur
Herstellung von
Giftgasen und Giftstoffen. Das Werk gehörte zum IG-Farben Konzern,
erhielt aber
den Tarnnamen „Turon GmbH Briesen“, später
„Monturon“. Vorallen die
Sarin-Produktion sollte in Falkenhagen ab 1943 betrieben werden.
Dafür wurde
1940 zwischen Briesen und Falkenhagen eine eingleisige Bahnstrecke
gebaut und
führte meist durch Waldgebiet und war 14 km lang. Die Züge
wurden von
Dieseltriebwagen gezogen. In Briesen wurde ein 120 Meter langer
Bahnsteig, der
überdacht war, gebaut. Anfangs wurden damit Zwangsarbeiter nach
Falkenhagen
transportiert, aber auch Baumaterialien für die riesige
Bunkeranlage. Im
Februar 1945 wurde das Werk in Falkenhagen demontiert, bevor die
Produktion
richtig anlief. Die
Sowjetunion demontierte die
Schienen und die restlichen Anlagen dann als
„Kriegs-Reparation“ nach dem
Kriegsende. Der alte Bahnhof wurde mit Holz vernagelt und diente viele
Jahre
als Schrotmühle in Briesen. Nach
Kriegsende mußten Gleise und
Eisenbahnen wieder mühevoll aufgebaut werden. Erst wurden aber
restliche
Bahnanlagen demontiert und nach Rußland transportiert. Die
sowjetische
Besatzungsmacht merkte aber schnell, daß die DDR ohne
Schienennetz und
Eisenbahn keinen Sozialismus aufbauen konnte. So wurde die Eisenbahn
nach und
nach auf und ausgebaut. Anfang der 70er Jahre wurden auch die
Dampflokomotiven
durch Diesel-Triebwagen zwischen Berlin und Frankfurt ersetzt.
Irgendwann war
auch die Wasserstelle in Briesen unnötig geworden und die
Schranken außerhalb
der Ortschaften wurden automatisch betrieben, später auch die
restlichen
Bahnübergänge. Mit der „Modernisierung“ der Deutschen
Bahn wurden die Bahnhöfe ab Juli 1996 stillgelegt und das gesamte
Personal wurde abgeschafft. Heute gibt es in Briesen kein Eisenbahnpersonal,
kein Bahnhofsrestaurant, keine Wärterhäuschen, Fahrkartenschalter
und keinen Bahnsteigwärter. 2013 wird der Bahnhof an einem
privaten Eigentümer verkauft und umfangreich saniert. Quellen und Materialien aus dem Archiv der Ortschronik
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