S e r i e n m ö r d e r    R o l o f f









Der Serienmörder Willy Roloff

 

Zusammenfassung der historischen Zeitungs- und Gerichtsartikel von R. Kramarczyk

 

Am 24. Oktober 1935 wird auf der Landstraße zwischen Alt-Ranft und Adlig-Reetz, unweit der alten Oderbrücke die Leiche des Händlers Christian Worrescht aus Burg im Spreewald gefunden. Seine Leiche lag neben seinem Kraftwagen mit einem Schuß in den Hinterkopf und schweren Schlagverletzungen im Gesicht. Auf seiner Leiche waren mehrere Kisten geschichtet, die aus seinem Auto stammten. Der Mörder raubte eine Uhr und Kleingeld. Die Brieftasche mit 140 Mark und einen handschriftlichen Zettel übersah der Mörder

offensichtlich. Die Polizei ermittelte und bildete eine Sonderkommission. Man untersuchte den handgeschriebenen Zettel, der schließlich zu einem Verdächtigen führte. Es handelte sich um den bereits bekannten Kleinverbrecher Willy Roloff, der daraufhin in Eberswalde am 1. November 1936 verhaftet wurde. Die Beamten der Sonderkommission der Berliner Mordinspektion brachten den 27 Jahre alten Roloff nach Berlin in Untersuchungshaft.

Bisher konnten Roloff zahlreiche Zechprellereien, zwei Motorraddiebstähle, Einbrüche und Betrügereien nachgewiesen werden. Außerdem gab es einen Mordversuch.

Nun allerdings konnte man dem jungen Mann einen Mord nachweisen, denn der handgeschriebene Zettel stammte eindeutig von Roloff selbst. Hinzu kam, daß die Mordwaffe, die Pistole, mit der der tödliche Schuß abgefeuert wurde, von dem Vater Roloffs stammte und der Autoschlüssel von Worrescht im Besitz von Roloff war.

Bei seiner Festnahme in Eberswalde war Roloff allerdings wieder im Besitz von drei schußbereiten Pistolen, die er zuvor einem Waffenhändler in Frankfurt /Oder abnahm. 

Die Beweise waren deutlich, doch Roloff leugnete diesen Mord. Die Sonderkommission weitete die Ermittlungen aus und stieß auf weitere ungeklärte Morde, die Ähnlichkeiten aufwiesen. 

Im Mai 1936 erschien in einer von Landwirten viel gelesenen Wochenzeitung ein Inserat, in dem angeblich ein Orts-Bauernführer mit dem Namen Müller aus Berkenbrück für seine verwitwete Schwägerin einen Wirtschaftler für den 120 Morgen großen Bauernhof suchte. Eine spätere Einheirat wäre auch möglich.

Die Zuschriften sollten postlagernd unter Nr.17 nach Fürstenwalde geschickt werden.

Auf dieses Inserat meldete sich der 33jährige Landwirt Albert Lüdke aus Kötzin (Ostprignitz) und erhielt daraufhin eine Antwort. Er sollte am 4. Juni 1936 die angebliche Stellung antreten und gegen 19.00 Uhr in Frankfurt /Oder eintreffen, wo er von einem Beauftragten am Gepäckschalter abgeholt wird.

Fest steht, daß Albert Lüdke am 4. Juni 1936 von seinem Heimatort nach Berlin fuhr, dort bei einem Bekannten auftauchte, danach den Autobus zum Bahnhof nahm und mit dem Zug nach Frankfurt/Oder fuhr. Lüdke hatte zwei braune Leder-Koffer und ein neues Fahrrad (Marke Göricke) bei sich und gab dieses Gepäck am Bahnhof in Frankfurt /Oder auf. Am selben Tage wurde das Gepäck wieder abgeholt und von Lüdke fehlte seither jede Spur. 

Als später Roloff verhaftet wurde, fand man zahlreiche Gegenstände und Diebesgut, die man vorerst nicht einordnen konnte. Darunter auch mehrer Koffer und ein Fahrrad der Marke Göricke. Danach konnte festgestellt werden, daß Roloff das besagte Inserat des Orts-Bauernführers Müller geschrieben hatte. Die Leiche Lüdkes konnte jedoch nicht gefunden werden und Roloff schwieg zu beiden Mordverbrechen. 

Nun prüfte die Polizei ähnliche Vermißtenanzeigen und Inserate, die mit Roloff in Verbindung standen. In seinen fingierten Inseraten nannte er meist Orte im Umkreis von Frankfurt /Oder, wie Markendorf, Berkenbrück oder Seemühle und er nannte sich selbst Orts-Bauernführer Karl Müller, Walter Henseler, Schwenger, Berger oder Becker.

Seine Briefe wurden in Frankfurt /Oder im Postamt 2 aufgegeben.

In allen Tageszeitungen bat die Polizei öffentlich um Mithilfe der Bevölkerung.

Roloff war zu dieser fraglichen Zeit (1935/1936) auf dem Gute „Lindenhufen / Angelenhof“ am Kersdorfer See in der Nähe von Briesen tätig. Im September 1936 brachten die Beamten der Sonderkommission den Gefangenen Roloff von Berlin nach Briesen zu einem Lokaltermin. Zwischendurch steckte man ihn in die kleine Briesener Arrestzelle.

Hier gab es Gegenüberstellungen. Ein Landwirtschaftsgehilfe, der sich auf Roloffs Inserate für das angebliche Stellenangebot auf dem Gute Drahendorf gemeldet hatte, bestätigte bei dieser Gegenüberstellung, daß er sich mit Roloff in Fürstenwalde traf. Vermutlich erkannte Roloff nach kurzem Gespräch, daß der Bewerber kein Geld bei sich hatte und kam nicht mehr zum vereinbarten Treff. 

Ab November 1936 sind die Indizien in beiden Mordfällen Roloffs so lückenlos, daß die Ermittlungen abgeschlossen werden können. Schließlich gab Roloff auch an, wo die Leiche Lüdkes vergraben sei. Diese fand man mit großem Suchtrupp schließlich am östlichen Ufer des Kersdorfer Sees.

Im Juli 1937 begann der Prozeß vor dem Schwurgericht in Prenzlau. Das Interesse der Bevölkerung war außerordentlich lebhaft. Roloff wurde in den Verhandlungssaal in der Aula des städtischen Gymnasiums von Prenzlau geführt. Er war ein schlanker, mittelgroßer Mensch, der einen durchaus harmlosen Eindruck machte. 

Willy Roloff wurde in Schivelbein in Westpommern 1909 als Sohn achtbarer Eltern geboren. Seine Brüder waren strebsame und einwandfreie Menschen. Im Gegensatz hierzu begann Roloff bereits in seiner frühen Jugend straffällig zu werden. Schon mit 13 Jahren beging er in seinem Heimatort einen Einbruch. Mit 16 Jahren begann er eine Lehre in einem Templiner Geschäft. Dort begeht er einige Diebstähle, auch große Mengen Tabak stahl er in einer Gastwirtschaft. Daraufhin wurde er entlassen und kam als Lehrling in die Gärtnerei Burmeister nach Prenzlau. Hier entwendet er eine Brieftasche von einem Arbeitskollegen. Bestraft wurde er nicht, aber nun beginnt er sein Vagabundenleben. Drohten ihm Strafen oder sonstige Unannehmlichkeiten, verließ er den Ort seiner Tätigkeit und trieb sich umher.

Später besuchte er für kurze Zeit eine landwirtschaftliche Schule und wurde Rentamtsgehilfe. Wieder beging er Diebstähle, Unterschlagungen und Betrügereien. Dafür wurde er dann mit Gefängnis betraft.

Danach war er auf mehreren Gütern tätig, mit gefälschten Zeugnissen und falschen Angaben. 

Er kommt nach Remlin in Mecklenburg. Hier verübte er seinen ersten Mord im Jahre 1931 an einer Frau, dessen Personalien nachträglich nicht festgestellt werden konnten.

Es war am 16. oder 17. Juni 1931 gegen 22.00 Uhr, als eine etwa 25jährige Frau auf dem Gutshof in Remlin erschien, wo Roloff als Wirtschafter tätig war. Sie bat um eine Übernachtungsmöglichkeit, da es schon sehr spät war. Die junge Frau hatte einen polnischen Akzent. Roloff gab ihr ein Nachtlager in der Scheune. Gegen Mitternacht schleichte er sich an die Frau heran und versuchte sie zu vergewaltigen. Sie wehrte sich allerdings lautstark und Roloff ließ von ihr ab und ging in sein Zimmer. Später, um 3 Uhr morgens kam er zurück und tötete die Frau, weil er befürchtete, daß sie die nächtlichen Vergewaltigungsversuche erzählen könnte. Roloff war zu dieser Zeit 22 Jahre alt. Er erschlug sie mit einer Wagenrunge und schloß danach die Scheunentür ab. Nach 4 Wochen schaffte er die Leiche fort und begrub sie. Später erklärte er vor Gericht, daß es sich um die Frau Kowalski handelte, Ehefrau eines polnischen Schnitters.

Als der Ehemann Kowalski sich später auf dem Gute nach seiner vermißten Frau erkundigte, wurde auch er von Roloff ermordet. Diese Morde blieben vorerst unentdeckt. 

Danach zog er umher und beging wieder mehrere Einbrüche, bis er schließlich mit Zuchthaus dafür bestraft wurde. Ende 1934 hatte er seine Haftstrafe verbüßt und wohnte kurzzeitig bei seinem Vater.

Mit einem gefälschten Arbeitsbuch erhielt er dann eine Stellung auf dem Gute „Angelenhof“ am Kersdorfer See bei Briesen. Es gelang ihm das Vertrauen des Gutsbesitzers zu erwerben und bis Ende des Jahres 1935 blieb er unauffällig. Ab dieser Zeit führte er jedoch ein Doppelleben. Durch falsche Papiere wurde er schließlich beim Militär eingestellt, wurde aber in der Nacht zum 22. September 1936 fahnenflüchtig. Es folgten eine Reihe von Diebstählen, Betrügereien und Zechprellereien. Es kamen eine fahrlässige Brandstiftung und ein Notzuchtversuch hinzu. Zwischendurch lernte er die 27jährige Hertha R. aus Frankfurt /Oder auf eine Heiratsanzeige hin kennen. Sie trafen sich zum ersten Mal im Fankfurter Bahnhof und verlobten sich kurze Zeit später. Hertha fielen das launenhafte Wesen und die Angeberei Roloffs unangenehm auf und sie hatte schließlich den Eindruck, daß Roloff ein Heiratsschwindler wäre. Die Verlobung wurde gelöst. Roloff tauchte aber regelmäßig bei Hertha R. auf und drohte mit Rache. Schließlich wurde die Polizei benachrichtigt und Roloff verschwand. 

In der Markendorfer Gastwirtschaft lernte er im Oktober 1935 den Händler Worrescht kennen, den er wenig später kaltblütig auf einer einsamen Landstraße erschoß.

Am 4. Dezember 1935 lockte er den Wirtschafter Kochan, er hatte ein Stellengesuch aufgegeben, nach Briesen und tötete diesen mit einem Hammer in der Nähe des Gutes Angelenhof. Die Beute waren 12 Mark. Roloff vergrub die Leiche Kochan am Seeufer. Im Gericht erkläre Roloff später wörtlich: „ Der Mord an Kochan war ein Irrtum. Ich muß die Anzeigen verwechselt haben.“

Im Juni 1936 ermordet er Lüdke auf ähnliche Weise. Roloff war am 4.Juni 1936 mit Lüdke nach Briesen gefahren. Vom Bahnhof aus gingen sie zu Fuß zu dem angeblichen Hof der Schwägerin. Beide gingen den etwa 5 km  langen Weg, der von Briesen über die neue Autobahnstrecke führte und unterhielten sich. In der Nähe Angelenhof schoß Roloff seinen Begleiter hinterrücks in den Kopf. Er nahm die Uhr, einen Ring und die Geldbörse mit knapp 15 Mark und versteckte das Fahrrad und die Koffer in eine Feldscheune, holte sich einen Spaten und begrub die Leiche. 

Im Gericht wurde festgestellt, daß Roloff kaltblütig und hemmungslos tötete. Das Motiv war pure Habgier. Die Sachverständigen stellten weiterhin fest, daß Roloff nicht geisteskrank sei und voll schuldfähig. Seine Morde waren genau geplant und skrupellos vollendet. Die Staatsanwaltschaft spricht wörtlich von: „Volksschädling, Bestie in Menschengestalt“. Es war das Jahr 1937 und in Deutschland herrschte die Sprachkultur des NS - Regimes. Doch hier ging es nicht um einen politischen Mord, sondern um einen brutalen Serienmörder.

Man ging sogar davon aus, daß Roloff weitere Morde begangen hatte, die ihm bislang nicht nachgewiesen wurden. Ohnehin gab Roloff nur die Taten zu, die bewiesen waren.

Der Mord an die polnische Frau in Remlin wurde nicht weiter berücksichtigt, da mit Polen zu dieser Zeit keine polizeiliche Zusammenarbeit möglich war. Außerdem widerrief Roloff sein Geständnis und bestritt nun, daß er den Ehemann Kowalski tötete. 

Am 10.Juli 1937 verkünden die Tageszeitungen das Urteil des Schwurgerichtes in Prenzlau: „Der vorbestrafte 27 Jahre alte Willy Roloff ist des Mordes in vier Fällen schuldig, in drei Fällen in Tateinheit mit schwerem Raub. Er wird in jedem Fall zum Tode verurteilt. Der Frauenmord in Remlin fällt aus dem Rahmen der übrigen Verbrechen heraus. Das Gericht hat dem Angeklagten geglaubt, daß er diese Tat aus Furcht vor der Entdeckung seines versuchten Notzuchtverbrechens begangen hat. Alle anderen Taten sind von einer hemmungslosen Geldgier getrieben.“

Mit diesem vierfachen Todesurteil endet die Geschichte des Serienmörders Roloff.

 

Er wird am 29. September 1937 in Berlin hingerichtet.

Alle Verbrechen wurden damals nicht restlos aufgeklärt und gesühnt. Die Bevölkerung atmete jedoch auf und in Briesen war man schockiert, daß ein so kaltblütiger Mörder solange unentdeckt blieb.