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Die Kersdorfer Schleuse, der Kanal und der Rehhagen

Zusammengefaßt und geschrieben von R. Kramarczyk

Die erste Idee einer Oder-Spree-Verbindung hatte Kaiser Karl IV um 1373. Aber erst Kurfürst Friedrich Wilhelm setzte das riesige Bauprojekt durch. 1668 wurde der nach ihm benannte Kanal eingeweiht und ein Jahr später für den Schiffsverkehr freigegeben. 200 Jahre später wurde der Kanal erweitert und die östliche Kanaltrasse völlig neu gebaut.

Der Durchstich zwischen Flutkrug und westlicher Kanaltrasse erfolge erst 1891, der Durchstich vom Flutkrug zum Kersdorfer See bereits 100 Jahre früher.
Zwischen Briesen (Mark) und der alten Spree lagen ursprünglich Seen und Sumpfgebiete, die vom Mühlenfließ, der Spree und vom Grundwasser gespeist wurden. Die größten Seen waren der Kersdorfer See und der Gollingsee, der beim Autobahnbau trockengelegt wurde. Hier fand man eine alte Slawensiedlung aus dem 6. bis 10. Jahrhundert n.Chr., die vermutlich abbrannte.
Seit dem 16. Jahrhundert ist in alten Karten der Fluth Krug eingezeichnet. Mit dem Brückenneubau an der Kersdorfer Mühle von 1845 war ein fester Verbindungsweg zum Flutkrug entstanden. Damit war auch eine sichere Landverbindung vom Flutkrug/Kersdorfer See nach Frankfurt/Oder hergestellt.
1588 wurde die „Frankfurter Niederlage“ am Kersdorfer See bewilligt, als Umschlagsplatz für Schiffsgüter. Damit begannen die Besiedlung und der Ausbau der Niederlage.
1862 baute Karl Gottlob direkt am Kersdorfer See eine Dampfschneidemühle (spätere Dorismühle). Im Jahre 1881 brannte die Mühle vollständig nieder und wurde neu errichtet. Durch seine Mühle wurden weitere Arbeiter angesiedelt und für deren Kinder wurde durch die Försterei ein Schulunterricht organisiert.

1887 begann die Ausschreibung für den neuen „Friedrich-Wilhelm-Kanal“, der am Kersdorfer See einen neuen Verlauf und eine Schleuse bekam. Die geplante Strecke betrug 85 km, die Sohlenbreite 10 Meter und die Breite am Wasserspiegel 23 Meter. Leiter der Kanalarbeiten war der Ingenieur Pränzel, der seinen Sitz in Neubrück hatte (die Spreebrücke in Neubrück wurde schon 1882 fertig gestellt). Im Jahre 1888 überbrückten die Bauern die Sandfurt als Transportweg, da der Kanal dort entlanglaufen sollte. Es entstanden zahlreiche Wohnbaracken für ca. 100 Kanalarbeiter und ein Bau-Restaurant (Inhaber A. Timm). Der alte Spreeverlauf wurde reguliert und begradigt (es entstanden in den alten Flussbiegungen zahlreiche tote Spreearme). Die alte Mündung des Kersdorfer See wurde zugeschüttet und eine neue Fahrrinne ausgebaggert. Bei Ausschachtungsarbeitern für die Schleuse wurde im Dezember 1888 sogar eine Leiche gefunden. Die Kanalarbeiter kamen von überall her und sorgten hin und wieder in Briesen für Aufregung. So wurde der Fleischermeister Dannies von Kanalarbeitern beraubt (140 Pfund Wurst und Speck), die aber gleich am nächsten Tag verhaftet wurden.
Nach nur einem Jahr wurde eine Teilstrecke des Kanals mit Kersdorfer Schleuse, die 1888 fertiggestellt wurde, eröffnet.
Doch von Anfang an gab es Probleme mit dem Bootsbetrieb und der Baufertigstellung.
1890 wurde der Kanal öffentlich eingeweiht und am 1.Mai 1891 fand dann die offizielle Eröffnung statt. Im Jahre 1900, nach bereits 10 Jahren wurde die Schleuse trockengelegt und saniert. 1904 wurde die 2. Schleusenkammer eröffnet.

1893 wurde das neue Gasthaus „Zur Kanone“ an der Mündung des Kersdorfer See eingeweiht. Der Inhaber war Carl Schulz, der 1 Jahr später den Gasthof an seinen Schwiegersohn
H. Hartwich übergab. Die Besitzer wechseln in den folgenden Jahren ständig. Am Gasthaus befand sich auf dem See ein Bootssteg für richtige Ausflugsdampfer und 1898 betrieb der neue Inhaber Louis Bordfeld einen eigenen Dampfer. Aus Fürstenwalde kamen weitere Ausflugsboote (F.Herrmann, A.Vowe, u.a.) und brachten ständig Gäste, meist Vereine.
1902 übernahm der Dampfereigner Herrmann den Gasthof. Die „Kanone“ war ein reiner Kunstname und gründet sich auf eine selbst gezimmerte Holzkanone, die im Gasthof stand.
Es gibt zahlreiche Fotos und Postkarten mit dieser Kanone. Im Gasthaus war natürlich auch ein Tanzsaal angegliedert. Das Gebäude steht noch heute, war jedoch lange Zeit baufällig und ungenutzt. 2010 kaufte ein Privatmann das Objekt und sanierte die Gebäude.
Der 1996 asphaltierte Schleusenweg führt heute direkt am alten „Kanonengebäude“ vorbei.

Als die Schleuse gebaut wurde und viele Familien sich hier ansiedelten (Gasthof, Handwerk, Schleusen- und Kanalarbeiter, Dorismühle, Essigfabrik, Fischerei und Försterei) mussten die Kinder in einer Schule untergebracht werden.

In einer Backsteinbaracke unmittelbar in Schleusennähe wurde um 1920 eine Schule eingerichtet. Die Backsteinbaracken stehen ebenfalls noch heute. 1937 wurde am Rehhagen, neben den Schleusenhäusern, ein neues Schulgebäude gebaut. Die Schule wurde bis 1951 betrieben. Danach folgte eine Lebensmittelverkaufstelle. Davor sorgten kleine Versorgungsschiffe für die wichtigen Dinge der Schleusenbewohner. Paul Bähle, der ab 1913 das „Gasthaus zur Kanone“ betrieb, versorgte die Schleusenbewohner. Von 1928 bis 1945 übernahm Erich Beschednick die Versorgung per Boot. Den größten Aufschwung gab es zwischen den Weltkriegen. Dort stauten sich die Boote an der Schleuse und die Geschäfte der Anwohner blühten.

Heute spielt der Oder-Spree-Kanal wirtschaftlich keine große Rolle mehr. Die Kersdorfer Schleuse soll zukünftig automatisiert und die Schleusenkammer verlängert werden. Im April 2010 begannen die umfangreichen Bauarbeiten. Als historisches Baudenkmal zieht die Schleuse unzählige Besucher, oft per Fahrrad oder Boot, in seinem Bann.

Seit 1991 befindet sich in dem ehemaligen Schulgebäude das „Gasthaus am Rehhagen“ mit einem Anlegesteg für Sportboote und Blick auf die Schleuse. Am Rehhagen wurde um 1890 ein Backofen errichtet, der 2003 neu aufgebaut wurde. Seit 2003 wurde der sanierte Backofen regelmäßig vom „Gasthaus am Rehhagen“ der Familie Frieske betrieben. Der Rehhagen bezeichnete ursprünglich eine abgegrenzte Wiese zwischen dem großen Spreebogen und dem Kersdorfer See. Erst mit dem Kanalbau und der Spreebegradigung erhielt der Rehhagen einen direkten Zugang durch die Überbrückung der Schleuse. Vorher war der „Reck Hagen“ praktisch eine Insel. Die Mündung des Kersdorfer Sees verläuft heute anders als vor dem Kanalbau. Der See hatte tatsächlich zwei Mündungen und wurde zusätzlich gespeist vom Gollingsee und dem großen Gartzsee, die heute durch den Autobahnbau nicht mehr existieren. Der Rehhagen wurde als Heuwiese verpachtet und genutzt. In alten Landkarten ist hier eine Heuscheune eingezeichnet. Nur über einen kleinen Holzsteg konnte man den Rehhagen von der Frankfurter Niederlage erreichen. Erst durch den Kanal– und Schleusenbau konnte der Rehhagen baulich eingebunden werden.

In den Sommermonaten kommen viele Sport- und Freizeitboot zur Kersdorfer Schleuse und besuchen das reizvolle Umfeld, die Gasthäuser und das Hirschdenkmal am Wegesrand. Fahrradwege führen zur Flut und nach Neubrück und nach Berkenbrück.
Doch Fahrradwege allein bringen keine Touristen und kein buntes Treiben ins Land.

Die Ausflugsgaststätten „Am Rehhagen“ und „Forsthaus an der Flut“ wurden Ende 2012 geschlossen. Damit gibt es vorübergehend keine Restaurants als Raststätten in unmittelbarer Schleusennähe. Von den ursprünglichen 3 traditionellen Gasthäusern (Kanone, Rehhagen und Fluth) blieb 2013 nichts mehr übrig. Für Fahrradfahrer, Bootsführer und Wanderer ein toter Fleck inmitten der reizvollen Landschaft. Hinzu kommt, daß es in Briesen (Mark) selbst seit langer Zeit keine Gaststätte mehr gibt, nicht einmal ein Cafe zum Wochenende. Der Tourismus wird hier einen erheblichen Einbruch erleben.

Neue private Eigentümer bemühen sich zukünftig wieder vor Ort eine Gastronomie anzubieten.

 

Ortschronik Briesen (Mark) - 2017